Lodernde Flammen, ein entsetzter Blick zurück: «Les Cinq Diables» von Léa Mysius beginnt mit Szenen einer Katastrophe. Es folgt ein feinfühliges Gesellschaftsdrama, eine fantasievolle Coming-of-Age-Geschichte und eine sinnliche Romanze. Obwohl etwas verkopft und nicht immer ganz nachvollziehbar, überzeugt der zweite Spielfilm der Newcomerin aus Frankreich.
Joanne Soler (fantastisch gespielt von Adèle Exarchopoulos) wohnt mit ihrer Kleinfamilie in einem Bergdorf in der Nähe von Grenoble. Es ist kein sorgenfreies Leben. Die Beziehung zu ihrem Mann Jimmy (Moustapha Mbengue) ist lieblos und Tochter Vicky (Sally Dramé) hat Mühe mit ihren Schulkameraden. Auch ihrer Gabe wegen: Vicky hat einen aussergewöhnlichen Geruchssinn.
Das klingt erst mal nach dem deutschen Erfolgsroman (und dem gleichnamigen Film) «Das Parfüm» von Patrick Süskind. Doch Mysius geht in «Les Cinq Diables» einen komplett anderen Weg: Der extrem ausgeprägte Geruchssinn ist nur Mittel zum Zweck. Über die Gerüche kann das kleine Mädchen in der Zeit zurückreisen.
Kein typischer Genrefilm
Das Werk der Französin entspricht nicht dem klassischen, von der Handlung getriebenen Zeitreisefilm. Auch wenn sich die Geschichte wie Genre-Klassiker Schritt für Schritt, Zeitreise um Zeitreise ganz entfaltet. Im Mittelpunkt von «Les Cinq Diables» steht ein mehrschichtiges Drama: unterdrückte Liebe, provinzieller Rassismus und langersehnte Vergebung.
Gleichzeitig erschafft die Filmemacherin eine dichte Atmosphäre, die bis ganz zum Schluss anhält. Das eingekesselte Bergdorf, der blaue-grüne Waldsee und das Mädchen mit übermenschlichen Kräften lassen Erinnerungen an «Twin Peaks» aufkommen. Nicht ganz unbeabsichtigt, wie die Regisseurin in Interviews erklärte. Komponistin Florencia Di Concilio untermalt mit einem düsteren und arrhythmischen Score die Bilder perfekt.
Während die Hauptfigur Joanne für den Zuschauer früh greifbar wird, bleiben andere wichtige Protagonisten blass. Besonders auffällig ist dies bei Jimmy und seiner Schwester Julia (Swala Emati), welche für die Erzählung entscheidend sind. Ihre Gedankenwelt ist dank starkem Schauspiel nachvollziehbar, aber nie spürbar. Mehr Feinschliff hätte dem Drehbuch gutgetan.
Dennoch bleibt «Les Cinq Diables» weit über den Kinobesuch hinaus im Hinterkopf hängen. Clevere Zeitreisefilme sind auch fast vierzig Jahre nach «Zurück in die Zukunft» reizvoll. Vor allem dann, wenn sie im Arthouse-Kino laufen.