Fitzcarraldo (1982)

Der Ire Brian Sweeney «Fitzcarraldo» Fitzgerald ist mehr Träumer als Geschäftsmann. Zwar dreht sich auch sein Leben ums Geld, doch der Ansporn ist ungewöhnlich. Der Opern-Liebhaber träumt nicht von schnellen Autos oder einer Villa am Meer, sondern will im Amazonas ein Konzerthaus bauen.

Das wäre heute schon eine Herausforderung; zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Hürden allerdings um einiges höher. Fehlende Technologie ist nicht Fitzcarraldos (Klaus Kinski) einziges Problem. Der Unternehmer hat für sein Vorhaben schlicht zu wenig Geld. 

Mit seinen Eis-Maschinen ist ihm der finanzielle Durchbruch nicht gelungen, nun hofft er auf das boomende Kautschuk-Geschäft. Seine Geliebte Molly (Claudia Cardinale) – eine erfolgreiche Bordellbesitzerin – gibt ihm das nötige Kapital, um einen Dampfer und Landrechte im Amazonas zu kaufen. 

Fitzcarraldo lässt Ureinwohner für sich schuften.

Allerdings blockieren Stromschnellen den direkten Flussweg zum gepachteten Land. Fitzcarraldo plant darum das schier Unmögliche. Er will das Schiff über einen Berg ziehen, um zum Landstück zu gelangen. Doch seine Crew ist alles andere als professionell. Der Kapitän ist halb blind, in der Küche kocht ein Alkoholiker. Helfen sollen dem Iren ausgerechnet Ureinwohner, die als feindselig gelten.  

Der Berg nur ein Hindernis

«Fritzcarraldo» – inspiriert durch eine wahre Geschichte – ist ein epischer Abenteuerfilm. Highlights sind Meutereien, Naturgewalten und eine Hauptfigur vor einer schier unlösbaren Herausforderung. Doch Werner Herzogs Spielfilm ist mehr als ein fantasievoller Urwald-Blockbuster. 

Im Zentrum steht ein exzentrischer weisser Mann, der von seinem Grössenwahn angetrieben wird. Der Bezug zur Natur und der indigenen Bevölkerung fehlt ihm vollkommen. Den Berg sieht er als überwindbares Hindernis, die Ureinwohner als einfache, fehlgeleitete Helfer. Ihnen fühlt er sich überlegen –  was ihm zum Verhängnis wird.

Fitzcarraldo scheut keinen Aufwand.

Fitzcarraldo ist widersprüchlich. Ihn als rücksichtslosen Eroberer abzustempeln, wäre zu einfach. Dazu ist er doch zu sympathisch. Im Umgang mit seinen Mitmenschen ist er opportunistisch, aber auch herzlich und naiv. Zudem ist es nicht Gier, sondern ein Traum, der ihn antreibt. Diesen verfolgt er als wäre er auf einer göttlichen Mission.

Fitzcarraldo brachte Filmcrew an den Anschlag

Der Dreh im Amazonas war hart. Wie sein Protagonist scheute auch Herzog keinen Aufwand. Statt einem Plastikmodell liess er einen richtigen Dampfer über den Berg hieven und drehte im Dschungel statt in Stadtnähe. Dazu kam eine Rekord-Trockenheit, die die Filmcrew zusätzlich belastete.

Damit nicht genug. Während des Drehs griffen Eingeborene das Team mit Pfeil und Bogen an. Ein Mann und eine Frau wurden dabei schwer verletzt. Ein weiteres Crew-Mitglied musste sich zudem nach einem Schlangenbiss den Fuss mit einer Motorsäge amputieren.

Und dann noch Klaus Kinski. Herzog wollte mit seinem Weggefährten eigentlich nicht zusammenarbeiten, da er befürchtete, dieser würde im Dschungel durchdrehen. Tat er auch – was für zusätzliche Spannung am Set sorgte. Einer der indigenen Darsteller soll Herzog darum ernsthaft angeboten haben, Kinski umzubringen. Der Regisseur lehnte ab.

Die Wutausbrüche des Schauspielers am Set gibt es mittlerweile auf Youtube zu sehen. Einen tieferen Einblick gewährt der Dokfilm «Burden of Dreams», der die Dreharbeiten von «Fitzcarraldo» festhielt. Weiter beleuchtet hat Herzog nach Kinskis Tod die Arbeit im Dschungel in seinem Dokumentarfilm «Mein liebster Feind – Klaus Kinski».

Eigentlich wollte Jack Nicholson Fitzcarraldo spielen. Doch die übliche Gage des Hollywood-Stars – 5 Millionen Dollar – war den Produzenten zu hoch. Also wurde Jason Robards für die Rolle gecastet. Dieser erkrankte allerdings nach ein paar Wochen Dreh im Dschungel schwer. 

Kinski war also dritte Wahl – aber die Beste. Er spielt den Wahnsinnigen so glaubwürdig, weil er selbst den nötigen Funken Wahnsinn in sich trug. Aber genauso überzeugt er als naiver Träumer, der die raue Geschäftswelt nicht wirklich versteht. Herzog hat ein fantastisches Drehbuch geschrieben und es filmisch wunderbar umgesetzt. Doch erst Kinski macht «Fritzcarraldo» zu einem Film für die Ewigkeit.

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