Mit «Asteroid City» erfindet sich Filmemacher Wes Anderson nicht neu. Doch hinter schönen Pastellfarben, symmetrischen Bildern, trockenem Humor und einem All-Star-Cast versteckt sich eine berührende Geschichte über Trauer und Verlust. Eine wunderbare Tragikomödie, die vom Zuschauer zuweilen aber etwas Geduld abverlangt.
USA in den 50er-Jahren: Kriegsfotograf Augie Steenbeck (Jason Schwartzman) strandet mit seinen vier Kindern in der kleinen Wüstenstadt Asteroid City. Er ist angespannt. Noch immer hat er seinem Nachwuchs nicht erzählt, dass die Mutter vor drei Wochen gestorben ist. Doch Schwiegervater Stanley Zak (Tom Hanks) macht Druck.
«Asteroid City» hat mehrere Erzählebenen: Die Geschichte um die Familie Steenbeck ist eigentlich ein Theater, das der Dramatiker Conrad Earp (Edward Norton) verfasst. Gleichzeitig erzählt eine TV-Produktion um einen namenlosen Moderator (Bryan Cranston) die Entstehungsgeschichte des Bühnenstücks. Doch je länger der Film dauert, desto mehr verschmelzen die verschiedenen Ebenen zusammen.
Das klingt komplizierter als es tatsächlich ist. Stellenweise ist aber ein langer Atem gefragt, denn über weite Strecken wirkt die Erzählung mit ihren vielen Nebenschauplätzen und Figuren unfokussiert. Doch das ist Teil des Filmerlebnisses. Anderson und Co-Autor Roman Coppola gehen damit existenzielle Themen an.
Halb Hollywood am Start
Auch vermeintlich planlos ist «Asteroid City» wunderbares Kino. Mit leichtfüssig-schrägen Dialogen, präziser Regiearbeit, schicken Kulissen und sommerlichen Bildern kreiert Anderson ab der ersten Minute eine einladende Atmosphäre. Und trotz eines gigantisch grossen Casts – unter anderem noch mit Scarlett Johansson, Jeffrey Wright, Margot Robbie, Tilda Swinton, Steve Carell und Willem Dafoe – zaubert der Regisseur in 104 Minuten Spielzeit immer wieder berührende und intime Momente auf die Leinwand. Besonders die verschiedenen Formen der Trauer hat der Filmemacher schön eingefangen.
Heraus sticht das Zusammenspiel zwischen Hauptdarsteller Schwarzmann und Johansson, welche die Schauspielerin Midge Campbell mimt. Statt viele Worte gibt es intime Blicke. Das ist Kinomagie in reinster Form. Auch Tom Hanks gefällt als strenger, aber gutherziger Schwiegervater. Sein minimalistisches Spiel passt perfekt in die Welt von Wes Anderson.
Ernsthafte Themen hat der Filmemacher bereits früher behandelt. Man denke an den wunderbaren «Die Tiefseetaucher», wo ein Abenteurer seinen von einem Hai getöteten Freund rächen will. Und doch wirkt Anderson mit seinem jüngsten Film so aufrichtig wie noch nie.
Fans des Kultregiesseurs können ohne Zögern ein Ticket kaufen. Alle anderen sollten dem Film ebenfalls eine Chance geben. Denn abseits aller schrägen Elemente ist «Asteroid City» ein unaufdringliches, warmherziges und berührendes Kinoerlebnis.