The Matrix Resurrections (2021)

Einspruch! «The Matrix Resurrections» ist nicht der schlechteste Film des Jahres, auch wenn das gerade halb Youtube behauptet. Er ist nicht mal der schlechteste Teil der «Matrix»-Reihe. Einen neuen Meilenstein liefert Regisseurin Lana Wachowski freilich auch nicht ab.

Die Story wirkt am besten, wenn man so wenig wie möglich weiss. Gerade der erste Akt bietet dem Matrix-Kenner so manche Überraschung. Nur so viel: Anders als geglaubt, ist Thomas «Neo» Anderson (Keanu Reeves) nicht tot.

Während der ersten Stunde bewegt sich «The Matrix Resurrections» auf der Metaebene. Der Film zeigt spöttisch auf Industrie und Fans, die immer mehr Nostalgie fordern. Aufgewärmte Ideen statt neue Geschichten. «Wir brauchen mehr Bullet Time», verlangt eine Figur mal – diese spektakulären Zeitlupen-Aufnahmen, die «The Matrix» vor über 20 Jahren so populär gemacht haben.

Die Matrix sieht auch noch 2021 cool aus.

Filmemacherin Lana Wachowski, die zum ersten Mal einen «Matrix»-Film ohne ihre Schwester umsetzt, befriedigt diese Sehnsucht nicht. Trotz vieler Selbstreferenzen bricht sie mit ihrem Magnum Opus, statt sich an ihm anzubiedern. Auch, um den Verschwörungs-Mythen um die Filmreihe entgegenzuhalten. Wachowski geht dabei so weit, dass sie wichtige Figuren der Original-Trilogie schamlos mit neuen Schauspielern besetzt. Tabula rasa statt Kontinuität. 

«The Matrix Resurrections» kommt mit Witz

Gleiches gilt für die Tonalität. Die früheren «Matrix»-Werke waren todernst, der neuste Aufguss ist viel leichter und herzlicher. Auch die kalten, hellgrünen Bilder mussten warmen Farben weichen. Beides überrascht – und tut dem Film gut.

Ab dem zweiten Akt gerät «The Matrix Resurrections» in alte Fahrwasser. Erneut springen die Protagonisten zwischen Realitäten hin und her. Dabei zeigt Wachowski keine Alterserscheinungen: Auch wenn nicht mehr so perfekt choreografiert wie 1999, liegt die Action weit über dem, was Hollywood heute abliefert. Das gefällt, versetzt aber niemanden in Staunen.

Unbestritten hat «The Matrix Resurrections» einige Probleme. Abgesehen vom Kommentar zum Zustand des Blockbuster-Kinos fehlt der philosophische Anstrich fast gänzlich. Schade, machte doch gerade die Auseinandersetzung mit den grossen Fragen des Lebens den ersten «Matrix»-Film auch für anspruchsvolle Kinogänger attraktiv.

Mit den Figuren kann das Drehbuch von Aleksandar Hemon und David Mitchell ebenfalls nicht punkten. Ohne Vorwissen wirkt selbst Neo blass. Gleiches gilt für die Neuzugänge – besonders für den von Neil Patrick Harris gespielten, äusserst beliebigen Antagonisten. Die «Matrix»-Filme waren gewiss nie Charakterstudien, doch mit mehr Tiefgang hätte sich der jüngste Spross von den beiden actionreichen Vorgängerwerken besser abheben können.

Auch wenn anders gedacht, ist Wachowskis neuster Streich unter dem Strich doch nur ein weiterer Teil eines Film-Franchises. Vieles, was der Zuschauer zu sehen kriegt, ist schon mal da gewesen. Ohne seine Vorgänger würde «The Matrix Resurrections» nicht funktionieren. Die vielen Einspieler aus der Original-Trilogie machen das deutlich.

Ein schlechter Film ist «The Matrix Resurrections» nicht, auch wenn die Relevanz des Originals fehlt. Die neue Leichtigkeit, ein Funke Romantik, Witz und Action sorgen über zwei Stunden lang für gute Unterhaltung. Schade nur, dass so wenig hängen bleibt. Die rote oder die blau Pille? Oder vielleicht doch wieder ein Netflix-Film?

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