Texas Chainsaw Massacre (2022)

«The Texas Chainsaw Massacre» von 1974 ist einer der besten Horrorfilme aller Zeiten. Die Neuauflage, die letzte Woche ungefragt im Streaming-Angebot auftauchte, kann dem grossartigen Vorbild natürlich nicht das Wasser reichen. Und trotzdem dürfte sie viele Horrorfans gut unterhalten.

Die Netflix-Produktion «Texas Chainsaw Massacre» ist kein Remake, sondern ein Revival. Eine Masche, mit der Hollywood aktuell reihenweise tot geglaubte Filmreihen wiederbelebt. Die Fortsetzungen werden ignoriert, dafür dem Erstling umso mehr gehuldigt und mit neuem Stoff angereichert. Das garantiert Nostalgie, bremst aber in der Regel jegliche Innovationskraft.

Das gilt auch hier. Wie vor fast 50 Jahren taucht eine Gruppe idealistischer Jugendlicher in eine rurale und rückständige Welt ab, wo der irre Killer Leatherface ihnen mit seiner Kettensäge das Leben zur Hölle macht. Der Hippiebus musste einem Tesla weichen, die stereotypischen Rednecks sind aber geblieben. 

Sally Hardesty ist keine Laurie Strode.

Substanz wird in «Texas Chainsaw Massacre» bestenfalls suggeriert. Mehrwert zum Filmuniversum liefert der Streifen von Regisseur David Blue Garcia ebenfalls nicht. Wo die Neuinterpretation von «Halloween» 2018 mit einer Prise Psycho-Drama Schwung in das Franchise brachte, will der neue Kettensäge-Streifen nur mit höherem Bodycount punkten.

«Texas Chainsaw Massacre» setzt auf Blut

Dabei trieft «Texas Chainsaw Massacre» vor Kunstblut: Der Filmemacher wirft halbierte Oberkörper, abgetrennte Köpfe und Kiefer fast im Minutentakt auf die Leinwand. Das bizarre Sounddesign und das verstörende Kopfkino des Originals sucht man vergeblich.

Garcia liefert brutalen und spassigen Horror statt abgründigen Terror. Spätestens wenn Leatherface in Instagram-Pose im Sonnenblumenfeld steht, dürfte dies allen klar sein. Damit funktioniert der Streifen überraschend gut. Auch dank einiger spannender Momente und kurzer Laufzeit von 83 Minuten, die kaum Platz für Leerlauf haben.

Ein Grossteil der Figuren muss als eindimensionales Kanonenfutter – oder besser gesagt: als Kettensäge-Futter – hinhalten. Mit Melody (Sarah Yarkin) und Lila (Elsie Fisher) stehen aber zwei toughe und sympathische junge Frauen im Mittelpunkt. Auch ihnen fehlt es an Charakter, zum Mitfiebern reicht es aber allemal.

Unpassend wirkt die Rückkehr von Sally Hardesty, der einzigen Überlebenden des Originalfilms. Nicht nur, weil Schauspielerin Marilyn Burns 2014 verstorben ist und darum Olwen Fouéré übernehmen musste. Garcia präsentiert die Figur als Antwort auf Sarah Conner (Terminator) und Laurie Strode (Halloween) ohne jemals deren Coolness-Faktor zu erreichen. Gut, dient sie nur einer Nebenhandlung.

Verglichen mit «Halloween» von 2018 ist die Wiederauferstehung von «Texas Chainsaw Massacre» konstanter. Richtige Stärken fehlen, richtige Schwächen ebenso. Voraussehbares, aber sehr kurzweiliges Netflix-Futter für den Freitagabend.

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