Rye Lane (2023)

Romantische Komödien sind meistens Wohlfühlkino nach Schema F. «Rye Lane» ignoriert einen Grossteil der Genrekonventionen, trifft aber trotzdem mitten ins Herz. Das wunderbare Spielfilmdebüt der britischen Regisseurin Raine Allen-Miller hätte eine Veröffentlichung auf der Grossleinwand verdient.

Dom (David Jonsson) sitzt weinend in einer WC-Kabine einer Kunstgalerie, als ihn Yas (Vivian Oparah) anspricht. Kurz hält er inne: Was macht eine Frau auf dem Männerklo? Die Toilette sei geschlechtsneutral, erklärt sie ihm.

Er kann Ablenkung gut gebrauchen. Nicht lange ist es her, dass ihn seine Freundin für einen Kumpel sitzen gelassen hat. Auch Yas steckt in einer miesen Trennung. So ergibt es sich, dass die beiden den Nachmittag zusammen verbringen.

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Happy: Dom (David Jonsson) und Yas (Vivian Oparah)

Zwei junge Menschen, die zufällig durch eine Stadt pilgern und sich kennenlernen. Auf dem Papier erinnert der Film an «Before Sunrise» von Richard Linklater. Parallelen sind da, Unterschiede ebenso: Die Stadt – in diesem Fall South London – wird nicht als unbekannter Ort voller Wunder, sondern nur als schlichte Kulisse gezeigt. Vor allem aber verzichtet Allen-Miller auf tiefschürfende Dialoge, punktet dafür aber mit viel Witz.

«Rye Lane» hat dumme Witze nicht nötig

Der Humor ist frech und zeitgeistig, ohne sich aber anzubiedern. Dumme TikTok-Spässchen und plastischer Radiopop gibt es hier nicht. Und anders als viele heutige US-Komödien hat «Rye Lane» Pointen unter der Gürtellinie nicht nötig. Es würde nicht passen: Dom und Yas sind zwei liebenswürdige Figuren, die man tatsächlich überall treffen könnte.

Das Drehbuch von Nathan Bryon und Tom Melia spielt gekonnt mit Stereotypen, wirkt aber nie aufgesetzt. Das gilt für den Humor insgesamt. Eigentlich zum Scheitern verurteilt, gelingt selbst die Verneigung vor dem britischen Romcom-Klassiker «Love Actually» mit Bravour. Alles richtig gemacht.

Gut fürs Herz: Trailer zu «Rye Lane»

Obwohl «Rye Lane» auf viele gängige Elemente der Romantikkomödie verzichtet, kommt der Film schlussendlich nicht ganz ohne aus. Damit ist das Werk nicht ganz so eigenständig wie die «Before»-Filme, aber ebenso herzerwärmend. Die Erwartungen des Zuschauers werden vollumfänglich erfüllt.

Inszenatorisch weicht Allen-Miller mit vielen Weitwinkelaufnahmen von typischer Romcom-Ästethik ab. Diese geben dem Film einen urbanen Look, der perfekt zum Inhalt passt. Passend auch der (mehrheitlich) coole Hiphop-Soundtrack.

Die beiden Jungschauspieler Jonsson und Oparah harmonieren auf der Leinwand perfekt. Sie spielen lustvoll und frech, ohne den Bezug zur Realität zu verlieren. Ihre gute Laune übertragen sie ungefiltert auf den Zuschauer. Damit gewinnt «Rye Lane» auch in der Königsdisziplin der Kömodie.

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