Poor Things (2023)

Schamlos. Absurd. Saukomisch. Herzlich. «Poor Things» ist eine audiovisuell berauschende Wundertüte. Und Regisseur Yorgos Lanthimos präsentiert sich in absoluter Höchstform: Kompromisslos erzählt er eine moderne Frankenstein-Geschichte, die trotz grausamer Experimente, knallbunter Steampunkwelten und opulenter Kostüme einen zutiefst menschlichen Kern hat.

Viktorianisches Zeitalter, irgendwo in London: Godwin «God» Baxter (Willem Dafoe) transplantiert heimlich einer frisch verstorbenen Adligen das Gehirn ihres ungeborenen Kindes (richtig gelesen). Das Resultat dieser wahnsinnigen Operation ist ein neuer Mensch: Bella (Emma Stone). Sie grunzt, torkelt und wirft mit Essen um sich.

Im Eiltempo aber entwickelt sie sich geistig vom Säugling zur jungen Frau. Anfangs versteckt der Wissenschaftler seine Kreation in seinem Anwesen. Doch Bella passt das nicht. So reist sie mit dem schmierigen Anwalt Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo) nach Portugal.

Schaurig schön: Trailer zu «Poor Things»

Zunächst ist sie Spielzeug zweier Männer: Für God ein wissenschaftliches Experiment, für Wedderburn eine lebende Sexpuppe. Bella will aber selbst über ihr Leben und ihre Sexualität bestimmen. Mit diesem natürlichen Freiheitsdrang sind die Männer überfordert.

Feministisch und humorvoll

«Poor Things» – basierend auf dem gleichnamigen Buch von Alasdair Gray – ist eindeutig feministisch, aber subtiler als der pinke «Barbie»-Film. Ohne epischen Monolog übers Frausein. Dafür mit wunderbar groteskem Humor, der stets punktgenau landet. So herzhaft habe ich im Kino lange nicht mehr gelacht.

Dafoe, Ruffalo und vor allem Stone (die den Film mitproduziert hat) spielen lustvoll und hemmungslos. Ein Genuss. Oscar-Nominierungen (und Gewinne) sind garantiert. Und der minimalistisch-schräge, leicht bedrohliche Score untermalt die nicht minder schrägen Bilder auf der Leinwand perfekt.

Schade, nimmt sich Lanthimos für den letzten Akt etwas wenig Zeit. Mit einer längeren Spielzeit hätte er wohl aber manchen Zuschauer abgeschreckt. Unbestritten ist «Poor Things» heute schon einer der besten Filme des Jahres. Sollte man im Kino sehen.

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