Judas and the Black Messiah (2021)

«Judas and the Black Messiah» ist kein typisches Biopic. Gewiss: der Film zeigt das Leben des Chicagoer Black-Panther-Vorsitzenden Fred Hampton (Daniel Kaluuya). Der Fokus liegt aber nicht auf ihm, sondern dem zweitklassigen Gauner Bill O’Neal (LaKeith Stanfield), der zu einem FBI-Informanten wird.

Freiwillig macht er das nicht. Nachdem die Bundesbehörde O’Neal Ende der 60er Jahre auf die Schliche gekommen ist, stellt Ermittler Roy Mitchell (Jesse Plemons) ihn vor die Wahl: Entweder unterwandert er die Black Panther Party und bespitzelt Hampton oder wandert in den Knast. Pragmatiker O’Neal entscheidet sich für Ersteres.

Schnell findet er in der sozialistischen Bewegung Anschluss, und bald gehört der FBI-Informant zu Hamptons Vertrauten. Auch wenn O’Neal der ideologische Zugang fehlt, entwickelt er schnell Sympathien für den Vorsitzenden.

Was will Bill O’Neal (LaKeith Stanfield) wirklich?

Die Geschichte des charismatischen Fred Hampton dürften hierzulande nur die wenigsten kennen. Die Unwissenheit macht «Judas and the Black Messiah» einerseits spannender, andererseits haben die Wissenslücken merkliche Nachteile. 

Vorwissen von Vorteil

In den 126 Filmminuten werden viele Themen angeschnitten, längst aber nicht alle behandelt. Wer die Black Panther Party nicht kennt, den dürfte Kings Werk stellenweise überfordern. In dem Fall empfiehlt sich als Vorbereitung der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm «The Black Panthers: Vanguard of the Revolution» (2015).

Was also ist «Judas and the Black Messiah» überhaupt? Regisseur und Co-Drehbuchautor Shaka King selbst zieht Parallelen zu «The Departed». Und es stimmt. Das Setting ist politisch, doch im Kern dreht sich sein Film um dasselbe wie Martin Scorseses Oscar-prämiertes Gangster-Remake: den Verrat an den eigenen Leuten.

Wie schwer dieser auf den Figuren wiegt, zeigt das Drama anhand von O’Neal deutlich auf. Seine innere Zerrissenheit wird zum Zentrum seines Lebens. Schauspieler Stanfield bringt diesen Konflikt meisterhaft und mit einem teils unerträglichen Realismus auf die Leinwand. Sowieso überzeugt «Judas and the Black Messiah» durch starke Darstellungen. Kaluuya ist in der Rolle des öffentlich wortgewandten, aber privat scheuen Hampton eine Wucht. Der Oscar als besten Nebendarsteller ist vollkommen verdient.

Drehbuch mit Schwachstellen

Auch die Machart überzeugt. Die düsteren Aufnahmen mit vielen Unschärfen sind stilvoll, der Schnitt eine Punktlandung. Noch besser gefällt der Soundtrack, der den Zeitgeist perfekt einfängt. Kombiniert entsteht eine dichte Atmosphäre, die dem harten Stoff gerecht wird.

Einziger Schwachpunkt ist das Drehbuch. Die Nebenhandlung mit dem FBI ist zu oberflächlich, die Figuren sind zu blass. Der ständige Perspektivenwechsel wirkt unharmonisch. Besser hätte sich King vollkommen auf die Spannungen zwischen O’Neal und Hampton konzentriert.

Trotz Unzulänglichkeiten verschafft «Judas and the Black Messiah» dem Zuschauer Zugang zu einem wichtigen Teil der US-Geschichte. King zeigt eindrücklich, wie die schwarze Bevölkerung gegen Rassismus, Vorurteile, Willkür und Unterdrückung kämpft. Damit werden Stolpersteine im Script zweitrangig. Gedankenanstösse sind manchmal wichtiger als der reine Unterhaltungswert.

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