Indiana Jones und das Rad des Schicksals (2023)

Noch bevor der Film in die Kinos kam, war für die Youtube-Gemeinde klar: Der neue Indiana-Jones-Streifen ist Mist. Und immer schwang eine Prise Frauenhass mit. Die Besetzung von Phoebe Waller-Bridge – einer schlagfertigen, blitzgescheiten Britin – sorgte bei verbissenen Fans für Schnappatmung. Doch die Aufregung war umsonst. «Indiana Jones und das Rad des Schicksals» ist kein Meisterwerk, aber solides und kurzweiliges Abenteuerkino.

Der Film beginnt mit einer Rückblende: Während die Alliierten 1944 Frankreich befreien, wird Archäologe Henry «Indiana» Jones (Harrison Ford) von den Nazis festgenommen. Er hängt bereits am Galgen, als eine Bombe einschlägt, die ihm die Flucht ermöglicht. Dabei stiehlt er den Deutschen ein Artefakt des griechischen Mathematikers Archimedes – zum grossen Ärger von Nazi-Physiker Jürgen Voller (Mads Mikkelsen).

25 Jahre später: Indiana Jones geht in den Ruhestand. Doch für Erholung ist keine Zeit, denn plötzlich taucht Patentocher Helena Shaw (Phoebe Waller-Bridge) auf. Sie interessiert sich für das Artefakt, das Archäologe Jones vor einem Vierteljahrhundert den Nazis abgenommen hat. Auch Voller, der mittlerweile unter einem anderen Namen in den USA lebt, hat den Kampf nicht aufgegeben.

Hat irre Ideen: Nazi-Physiker Jürgen Voller (Mads Mikkelsen).

«Indiana Jones und das Rad des Schicksals» ist der erste Film der Reihe, bei dem Steven Spielberg nicht am Regiepult sitzt. Für ihn übernommen hat James Mangold, der zuletzt für das Rennsport-Spektakel «Le Mans 66» viel Zuspruch erhalten hat. Beide Filmemacher haben einen unterschiedlichen Stil: während Spielberg die Actionsequenzen ruhig und übersichtlich gestaltet, ist Mangolds Inszenierung merklich wilder. In Teilen ist dies dem Umstand geschuldet, dass mit dem 80-jährigen Harrison Ford ein Senior den Lead hat. Bei vielen Actionsequenzen wurden darum Stuntdoubles eingesetzt, was die Möglichkeiten des Filmemachers einschränkte.

Alt und ruppig

Älterwerden ist Kernthema des Films. Über die ganze Spielzeit klagt «Indy» über Schmerzen und Leiden. Auch sonst ist sein Leben mittlerweile deprimierend: Sein Sohn ist tot, seine Frau weg. Und wirklich Lust auf ein letztes Abenteuer hat er nicht. Eine neue, ungewohnte Perspektive. Leinwandhelden im höheren Alter sind rar, obwohl unser aller Alterungsprozess unaufhaltsam ist. Manche Action mit Indiana Jones – er sprintet etwa auf einem Pferd durch die Stadt – wirken dadurch aber unglaubwürdig.

Im Kern bleibt Mangold der Reihe treu: trockener Humor, exotische Schauplätze und geballte Action müssen Fans nicht missen. Wie seine Vorgänger entspricht auch «Indiana Jones und das Rad des Schicksals» den Kino-Gepflogenheiten seiner Zeit. Über zweieinhalb Stunden dauert das jüngste Abenteuer des berühmten Archäologen, so lange wie kein «Indy»-Film davor. Zuschauer von Marvel-Epen erwarten heute solche Spielzeiten. Auch vom Tempo her orientiert sich Mangold an der heutigen Superhelden-Formel: Alles läuft zügig, Zeit zum Durchatmen gibt es kaum.

Das sorgt für Kurzweil, zerrt aber an der Substanz. Den neuen Hauptfiguren fehlt es an Charakter. Sie bleiben eindimensional und ungreifbar, auch wenn Waller-Bridge und Mikkelsen einen tollen Job machen. Schade. Viel wäre nicht nötig gewesen, um beide Protagonisten zugänglicher zu machen. Den alten Indiana Jones schliesst man hingegen schnell ins Herz, auch dank einem lustvollen Harrison Ford.

Wie früher: Trailer zu «Indiana Jones und das Rad des Schicksals».

Selbstverständlich trumpft «Indiana Jones und das Rad des Schicksals» mit viel Nostalgie auf. In manchen Fällen funktioniert das richtig gut. Beispielsweise beim Prolog, wenn Harrison Ford mittels Computertechnik um 40 Jahre verjüngt wird. Das Spektakel wird mit einem druckvollen Score von John Williams abgerundet. Unweigerlich kommen Erinnerungen an «Jäger des verlorenen Schatzes» hoch. Nostalgie, die Spass macht.

Im Verlauf der Erzählung verliert die Geschichte an Fokus und Glaubwürdigkeit. Doch wer Indiana Jones mag, musste schon immer schräge Ideen akzeptieren. Eine schöne Schlusssequenz, welche die Filmreihe mit einem versöhnlichen Ton (hoffentlich) abschliesst, macht manche wirre Idee wieder wett. Das Endergebnis stimmt: «Indiana Jones und das Rad des Schicksals» ist spassiges Unterhaltungskino. Mehr sollte man von einem fünften Teil einer jahrzehntealten Filmreihe nicht erwarten.

PS: «Indiana Jones und das Rad des Schicksals» gefällt mir besser als der umstrittene «Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels». Die Erzählung ist stringenter und harmonischer. Und «Indy» kämpft wieder gegen seinen alten Erzfeind: die Nazis. An die Originaltrilogie kommt der neuste Wurf dennoch nicht ran.

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