Beklemmende Stille statt ohrenbetäubende Schreie: Auf den ersten Blick ist «Handling the Undead» ein untypischer Zombiefilm. Kein brutaler Überlebenskampf, sondern eine intime Erzählung übers Loslassen. Und doch kann das Spielfilmdebüt der Norwegerin Thea Hvistendahl auch bei Horrorfans punkten.
Merkwürdige Dinge passieren an diesem ruhigen Sommerabend in Oslo. Alarmanlagen von geparkten Autos gehen los, Ampeln und Radios spielen verrückt. Und dann fällt der Strom komplett aus. Als die Lichter wieder leuchten, sind Verstorbene auferstanden.
Statt von Chaos erzählt Regisseurin Hvistendahl von Personen, die jemanden verloren haben. Mutter, Sohn, Partnerin: Alle kehren nach dem Tod zu ihren Geliebten zurück. Ihre Menschlichkeit haben sie jedoch längst verloren, auch wenn das die Angehörigen nicht sehen wollen.
«Handling the Undead» begleitet Trauernde nüchtern und schonungslos. Wo andere ausblenden, hält die junge Regisseurin die Kamera drauf. Sie erschafft so intime, stellenweise aber nur schwer erträgliche Bilder. Menschen, vom Tod gelähmt. Auch das ist Horror.
Hvistendahl schreitet mit ihrer melancholischen Buchverfilmung nur langsam voran. Statt auf eine ausufernde Handlung und überraschende Plot-Twists setzt die Filmemacherin auf starkes Schauspiel (erneut hervorragend: Renate Reinsve und Anders Danielsen Lie) und gespenstische Atmosphäre. Der schwere und doch reduzierte Socre von Peter Raeburn untermalt das Geschehen perfekt. «Handling the Undead» umhüllt den Zuschauer wie dichter Nebel.
Der Zombiefilm war seit jeher mehr als nur Horror. Genre-Vordenker George A. Romero behandelte in seinen Werken unter anderem Rassismus (Night of the Living Dead), Kapitalismus (Dawn of the Dead) und Tierversuche (Day of the Dead). Erfolgreich sind die Untoten auch in anderen Genres aufgekreuzt, insbesondere in der Komödie.
Immer wieder wurde der Zombiefilm neu gedacht. Danny Boyle hob vor rund 20 Jahren mit «28 Days Later…» das Genre auf eine neue, glaubwürdige Ebene, während Dominique Rocher 2018 mit «The Night Eats the World» die Einsamkeit von Überlebenden einer Zombie-Apokalypse erforschte.
«Handling the Undead» passt folglich perfekt in ein sich ständig weiterentwickelndes Genre. Zumal Hvistendahls Werk mit seiner (emotionalen) Brutalität selbst abgehärtete Horrorfans herausfordert. Der Zombiefilm schafft es auch über 50 Jahre nach der Initialzündung Kinogänger mit neuen Ideen zu überraschen.