Guillermo del Toro’s Pinocchio (2022)

Herzerwärmend, skurril und gesellschaftskritisch: «Guillermo del Toro›s Pinocchio» ist ein mehrschichtiges Kinoerlebnis für die ganze Familie. Wer kann, sollte den liebevoll inszenierten Animationsfilm auf der Grossleinwand bestaunen, bevor er bald nur noch bei Netflix zu sehen ist.

«Guillermo del Toro’s Pinocchio» spielt in Mussolinis Italien. Holzkünstler Geppetto (David Bradley) hat während des Ersten Weltkriegs seinen geliebten Sohn Carlo verloren. Seither ist sein Leben trist. Seinen Schmerz versucht er mit Alkohol zu ertränken. Eines Abends schnitzt er im Rausch einen Buben aus Holz. Überrascht stellt er am nächsten Tag fest, dass die Puppe lebt.

Tod und Faschismus sind nicht Themen, die üblicherweise einem Kinderfilm zugeordnet werden. Der mexikanische Filmemacher und Drehbuchautor Guillermo del Toro schafft es dennoch, ein kindergerechtes Werk abzuliefern. Sein Pinocchio ist aller Tragik zum Trotz lebensbejahend und optimistisch.

Liebenswert: Pinocchio

Pinocchio lernt den Wert des Lebens, der Familie und der Freunde. Sein Weg ist aber nicht einfach. Ein böswilliger Zirkusunternehmer (Christoph Waltz), die Kirche und das Militär möchten ihn für sich einnehmen. Ihre Absichten sind simpel, doch dahinter steckt mehr. Katholik del Toro zeigt, wie die Kirche Andersdenkende behandelt und die Diktatur Väter und ihre Kinder entfremdet.

«Guillermo del Toro’s Pinocchio» ist für alle

Ähnlich wie der Schweizer Animationsfilm «Mein Leben als Zucchini» spricht auch «Guillermo del Toro’s Pinocchio» seine jungen und alten Zuschauer ganz unterschiedlich an. Kinder erfreuen sich über einen überdrehten Pinocchio, während die Eltern in die Geschichte dahinter eintauchen.

Del Toro hat seine Pinocchio-Verfilmung fast perfekt getaktet. In einem Moment bricht er dem Zuschauer das Herz, nur um ihm darauf einen herzhaften Lacher zu entlocken. Es ist ein abgestandener Ausdruck, doch «Guillermo del Toro’s Pinocchio» ist wahrlich eine Achterbahn der Gefühle. Tränen fliessen aus Freude und aus Trauer. Nie kommt aber der Verdacht auf, der Filmemacher manipuliere damit seine Zuschauer. Alles wirkt organisch, selbst die surrealen Elemente.

Schön anzusehen: «Guillermo del Toro’s Pinocchio»

Von der herzerwärmenden Geschichte abgesehen, überzeugt der Stop-Motion-Film auch visuell. Puppen und Kulissen sind voll mit kleinen, liebevollen Details. Die Bewegungen sind nicht ganz flüssig, passen aber perfekt zur über hundertjährigen Geschichte. Sie sind Teil des Filmerlebnisses.

Auch die Synchronsprecher gefallen. Kein Wunder: bis in die kleinsten Rollen ist Pinocchio mit hochkarätigen Schauspielern besetzt. Allem Lob zum Trotz wirkt der Film im dritten Akt etwas überladen. Mehr Fokus hätte weder dem Filmerlebnis geschadet, noch den Inhalt abgeschwächt.

Laut Del Toro ist Pinocchio Abschluss einer Trilogie, die mit «The Devil’s Backbone» und «Pans Labyrinth» begonnen hat. Alle drei Filme handeln von einer Kindheit in Kriegszeiten. Mit «Guillermo del Toro’s Pinocchio» richtet der Regisseur sich aber erstmals direkt an junge Zuschauer. Dass er seine Botschaften jetzt kindergerecht vermitteln kann, zeugt von einem reifen Filmemacher und einem grossartigen Menschenkenner.

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