Guy (Ryan Reynolds) ist ein Vorzeige-Langweiler. Seine Tage laufen immer exakt gleich ab: Er erwacht, zieht sich an, begrüsst seinen Goldfisch, kauft sich um die Ecke einen Becher Kaffee, geht zur Arbeit und wieder nach Hause. Schlechte Laune kennt er trotzdem nicht.
Was Guy nicht weiss: Er ist Nicht-Spieler-Charakter (NSC) in dem Game Free City. Für die Nicht-Zocker unter euch: NSC sind Figuren, die vom Computer gesteuert werden. Unwichtige Statisten, damit der Spieler nicht in einer menschenleeren Welt herumrennen muss.
Dem ist sich Guy allerdings nicht bewusst. Er glaubt, ein echter Mensch in der realen Welt zu sein. Sein Leben gerät erst aus den Fugen, als er sich unsterblich in die Gamerin Molotov Girl (Jodie Comer) verliebt. Plötzlich entwickelt Guy einen eigenen Willen.
Gaming und Film – das war bislang eine schlechte Kombination. Lang ist die Liste von unbrauchbaren Spiele-Adaptionen. «Free Guy» hingegen funktioniert. Wohl auch, weil er keiner Vorlage gerecht werden muss. Free City ist fiktional, aber voller Referenzen aus Gaming- und Nerd-Kultur.
Die Stadt erinnert an Liberty City aus «Grand Theft Auto», Waffen und Gimmicks stammen aus «Half Life 2», «MegaMan», «Portal», «Star Wars» oder «Captain America». Dazu punktet der Streifen mit Gaststars aus Comic- und Action-Kino. Channing Tatum, Dwayne «The Rock» Johnson, Hugh Jackman und Chris Evans geben sich die Ehre.
«Free Guy» ist perfektes Popcorn-Kino
Story und Figuren gefallen. Regisseur Shawn Levy schafft es, den, im wahrsten Sinne des Wortes, charakterlosen Guy zu einer liebenswerten Figur zu machen. Das liegt freilich auch an Reynolds lockerer Performance. Mit seiner überschwänglich positiven Art erinnert er an einen verspielten Hundewelpen. Das bringt ihm schnell viele Sympathiepunkte, nervt aber stellenweise. Und mit dem gierigen Spiele-Entwickler Antwan (mal wieder saukomisch: Taika Waititi) hat Guy einen würdigen Gegenspieler.
Levys Werk ist perfekte Popcorn-Unterhaltung: Ideenreich, humorvoll und stellenweise überraschend rührend. Technisch ist «Free Guy» unauffällig. Der Schnitt ist Genre-typisch zügig, strengt aber nicht an. Die Bilder sind knallig und oft sichtbar computergeneriert. Das passt zwar ins Konzept, ist aber nicht besonders schön anzusehen. Der Soundtrack ist beliebig und schnell vergessen.
Auch wenn der Film irgendwann existenzialistische Fragen aufwirft: Der Tiefgang von «Die Truman Show» oder «A.I. – Künstliche Intelligenz» fehlt. In der Tonalität ist der Film zu verspielt, um ernst genommen zu werden. Wie Levy bekannteste Werke – die kinderfreundlichen «Nachts im Museum»-Filme – gehört auch «Free Guy» nicht in die Uni-Vorlesung, sondern ins Nachmittags-Kino.