Atemberaubende Wüstenaufnahmen, spektakuläre Infrarotbilder, liebevolle Setdesigns. Und ein Score, der den Kinosessel vibrieren lässt. Audiovisuell ist «Dune: Part Two» eine Wucht. Ein Blockbuster-Spektakel in perfekter Form. Inhaltlich hat der Film aber merkliche Schwächen.
Die Geschichte schliesst nahtlos an den ersten Teil an. Wer den nicht gesehen hat kann sich den Kinobesuch sparen. Die Rückblende zu Beginn reicht nicht im Ansatz, um das komplexe Dune-Universum zu verstehen. Regisseur Denis Villeneuve hätte gleich darauf verzichten können.
Wir begleiten den jungen Imperator Paul Atreides (stark: Timothée Chalamet), der sich dem Wüstenvolk der Fremen angeschlossen hat. Er und seine Mutter (Rebecca Ferguson) haben hier Zuflucht gefunden, nachdem das Familienoberhaupt bei einem Angriff getötet worden war. Viele der Gefährten sehen in Paul einen Propheten. Der will davon erst mal nichts wissen.
«Dune: Part Two» spielt wie die Buchvorlage mit einer Reihe von Themen. Ist Paul tatsächlich übermenschlich? Oder brauchen die Fremen, ein jahrzehntelang gebeuteltes Volk, nur den Glauben an einen Erlöser? Paul hat grossen Respekt vor der Macht, die ihm verliehen wird.
Auf der anderen Seite der Geschichte stehen Faschismus und Kolonialismus. Antagonist Baron Wladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) führt sein Volk als grausamer, unantastbarer Alleinherrscher. Mit aller Macht will er die Herrschaft über den ressourcenreichen Wüstenplaneten Dune übernehmen. Klingt kompliziert? Ist es auch.
Sprunghafte Charakterentwicklung
Villeneuve schafft es jedoch die vielen Handlungsstränge nachvollziehbar zu verknüpfen. Allerdings nicht immer organisch: Selbst der emotionale Kern der Erzählung, die Beziehung zwischen Paul und der Fremen-Kämpferin Chani (grandios: Zendaya), entwickelt sich sprunghaft. Im einen Moment werfen sich die beiden schüchterne Blicke zu, dann schon teilen sie sich das Bett. Auch der Sinneswandel von Pauls Mutter schreitet in schockierend hohem Tempo voran. Und das bei fast drei Stunden Laufzeit.
Villeneuve setzt sich nie richtig mit den Themen seiner Geschichte auseinander. Kolonialismus und Faschismus behandelt «Dune: Part Two» bestenfalls rudimentär. Auch mit Kritik an religiösem Fanatismus hält sich der Kanadier zurück. Politische Mutlosigkeit oder Desinteresse? Ich tendiere zu letzterem.
Ein Indiz dafür ist ein Interview, das die «Times of London» jüngst mit dem Filmemacher geführt hat. «Ich interessiere mich überhaupt nicht für Dialoge. Bild und Ton – das ist die Kraft des Kinos», sagte Villeneuve, der auch das Drehbuch mitverfasst hat. Damit greift er aber zu kurz. Selbst, wenn man nur das Blockbuster-Kino berücksichtigt.
«Oppenheimer» macht es besser
Der diesjährige Oscar-Favorit «Oppenheimer» punktet ebenfalls mit starken Bildern, einem bedrückenden Sounddesign und phänomenalem Score. Filmemacher Christopher Nolan nutzt diese Elemente, um die Gefühls- und Gedankenwelt seines Protagonisten zu verstärken. Erst Bild, Ton und Worte kombiniert erschaffen ein überwältigendes Filmerlebnis. Eine solche Intensität erreicht «Dune: Part Two» mit seinem komplizierten, aber oberflächlichen Script nie. Spektakulären Bildern zum Trotz.
Ignorieren sollte man den Film trotzdem nicht. Auf technischer Ebene überzeugt Villeneuve einmal mehr. Meisterhaft spielt er mit Licht und Schatten und kreiert so atemberaubende Momente. Dass er den faschistischen Harkonnen-Clan mehrheitlich mit Infrarotkameras aufgenommen hat, zeugt von seiner starken bildlichen Vision. Passend dazu der epochale Score von Altmeister Hans Zimmer.
Das Setdesign überzeugt mit vielen durchdachten Ideen. Selbst die Kostüme laden zum Staunen ein. Kein Vergleich dazu, was man von früheren Dune-Ablegern kennt. Zudem sind selbst kleine Rollen mit gestandenen Branchengrössen besetzt – unter ihnen Léa Seydoux, Florence Pugh und Christopher Walken. Alles passt perfekt zur pompösen Aufmachung.
«Dune: Part Two» wurde für ganz grosse Kinoleinwände gemacht. Ein kurzweiliges Science-Fiction-Spektakel für Ohren und Augen. Doch darf man nicht erwarten, dass der Film etwas über den Zustand der Menschheit zu sagen hat. Das überlässt Villeneuve derzeit lieber anderen.