Don’t Worry Darling (2022)

Die Frauen putzen eifrig, die Männer gehen brav zur Arbeit. «Don’t Worry Darling» ist ein Thriller über Geschlechterrollen, der Ewiggestrigen unbeschönigt den Spiegel vorhält. Olivia Wildes zweite Regiearbeit ist ein lohnender Kinobesuch, einiger Unschönheiten im Drehbuch zum Trotz.

War früher nicht alles besser? Zumindest scheint das in «Don’t Worry Darling» erst mal so. Der Film spielt sich an einem Ort, der an die 50er-Jahre der USA erinnert: schicke Einfamilienhäuser, Männer in Anzügen, Frauen mit Pumps und hochgesteckten Haaren. Im «Victory-Project», so wird die Gemeinde genannt, gibt es nur eine Regel: Nur die Männer dürfen den Ort verlassen.

Auch nicht ganz zur Idylle passen will, wie die Kommune von Oberhaupt Frank (Chris Pine) geführt wird. Wie ein Sektenguru verbreitet er seine Botschaften über TV und Radio. Aber der Rest, so scheint es, ist perfekt.

Hauptfigur Alice Chambers (Florence Pugh) macht zuerst brav mit. Erst wird geputzt, dann gehts zum Drink mit den Freundinnen in den Shoppingtempel. Gegen Abend bereitet sie für ihren Ehemann Jack (Harry Styles) ein üppiges Nachtessen vor. Tag für Tag. Doch dann merkt sie, dass beim «Victory-Project» so einiges nicht stimmt.

Das perfekte Leben? Jack (Harry Styles) und Alice (Florence Pugh) mit Corvette.

Filmemacherin Wilde präsentiert eine Welt, die sich manche erzkonservativen Männer heute noch wünschen. Die Frau als Mensch zweiter Klasse, deren einzige Aufgabe darin besteht, den Mann an ihrer Seite glücklich zu machen. Entfaltung und Selbstbestimmung gibt es nicht, die Aufgaben sind vorgegeben: kochen, putzen und Kinder kriegen.

Don’t Worry Darling mit klarer Botschaft

Dass etwas mit dieser «heilen» Welt nicht stimmt, deutet Wilde früh an. Schon der Name «Victory-Project» erinnert mehr an ein soziales Experiment als an eine reale Gemeinde. Ist «Don’t Worry Darling» eine Art «Truman Show» oder eine Folge «Black Mirror» in Spielfilmlänge? Bald schon dürften sich die meisten Zuschauer solche Fragen stellen.

Vor allem ist Wildes Film ein feministisches Statement, das weit über die offensichtliche Kritik an den klassischen Geschlechterrollen hinausgeht. Die Filmemacherin knöpft sich dabei die frauenverachtende und aus jungen (weissen) Männern bestehende Incel-Subkultur vor, welche sich die Rollenverteilungen aus Grossvaters Zeiten zurückwünscht. Recht auf Sex inklusive.

Die klar feministische Ausrichtung war ursprünglich nicht Teil des Drehbuchs von «Don’t Worry Darling». Wilde liess das Originalscript von «Booksmart»-Autorin Katie Silberman überarbeiten. Diese liess sich vom konservativen Psychologen Jordan Peterson für die Figur von Victory-Übervater Frank inspirieren. Peterson ist ein prominenter Kritiker von Gender-Studies und wird von der Incel-Gemeinde vergöttert.

Regisseurin Wilde, die in ihrem Film eine Nebenrolle spielt, liefert nicht nur ein feministisches, sondern auch ein sehr ästhetisches Werk ab. Schöne Weitwinkelaufnahmen, die Spielerei mit Lense-Flare und hypnotisch inszenierte Tanz-Szenen machen «Don’t Worry Darling» zu einem Genuss für das Auge. Als Kontrast zu den schönen Bildern steht ein gefürchiger Acapella-Score von John Powell.

Doch nichts sticht so stark heraus wie Florence Pugh. Ihre Darbietung ist schlicht grossartig. Über die ganze emotionale Bandbreite wirkt sie stets glaubwürdig. Schon nur ihretwegen lohnt sich der Kinobesuch.

Probleme hat «Don’t Worry Darling» hingegen mit dem Script. Früh lässt der Film den Zuschauer an der gezeigten Realität zweifeln. Der Weg zur Auflösung wirkt aber unorganisch. Vielmehr scheint es eine Aneinanderreihung von Geschehnissen zu sein. Alice Chambers tritt bis zur grossen Offenbarung mehrheitlich auf der Stelle.

Und doch gibt es eine klare Empfehlung. Auch weil «Don’t Worry Darling» hochrelevant ist. Die Kräfte, welche von Geschlechterrollen wie in den 50er-Jahren träumen, haben zurzeit Aufwind. So ist es auch an der Kunst, zu zeigen, weshalb dies abzulehnen ist.

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