Doctor Strange in the Multiverse of Madness (2022)

Neun Jahre war Regisseur Sam Raimi von der Bildfläche verschwunden. Mit «Doctor Strange in the Multiverse of Madness» meldet sich der Horror-Meister, der in den frühen 2000er mit «Spider-Man» dem Superhelden-Film neues Leben eingehaucht hat, endlich zurück. Seine Handschrift ist im jüngsten Marvel-Streich eindeutig zu erkennen. Und doch fehlt es dem Film an Eigenständigkeit.

Obwohl der neue Superheldenstreifen mehrere Universen überspannt, ist die Geschichte simpel: Zauberer Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) muss die Teenagerin America Chavez (Xochitl Gomez) beschützen, die wegen ihrer Superkräfte von einer selbstsüchtigen Hexe durch das Multiversum gejagt wird. So weit, so verständlich. 

Dann wird es kompliziert. Zumindest für jene, die mit dem Marvel-Filmuniversum nicht vertraut sind. Das war schon in früheren Filmen ein Problem – und ist es auch hier. Gewiss lässt sich «Doctor Strange in the Multiverse of Madness» ohne Vorwissen anschauen. Vieles geht dadurch aber unter. Die ständigen Referenzen an frühere Marvel-Filme funktionieren ohne nötigen Hintergrund nicht. So manches wirkt für den Aussenstehenden oberflächlicher als es eigentlich ist. Schade.

Viel Fantasie steckt im Multiversum.

Ältere Blockbuster-Franchises sind simpler. Dadurch sind sie auch Jahrzehnte später erstklassige Unterhaltung. Ich zweifle daran, ob die Marvel-Filme so gut altern werden wie die Fortsetzungen von «Stirb Langsam», «Mission: Impossible» oder «Indiana Jones». Wer will schon 27 Filme und mehrere Serien ansehen, um den zweiten Doctor-Strange-Streifen komplett verstehen zu können?

Horrorspass dank Sam Raimi

Trotz dieser Hürden für Aussenstehende, zu denen ich mich trotz einiger Superhelden-Streifen auf dem Buckel dazuzähle, ist «Doctor Strange in the Multiverse of Madness» spassiges Blockbuster-Kino. Und das verdankt der Film grösstenteils Regietalent Sam Raimi.

Obwohl klar als Marvel-Produktion zu erkennen, überrascht der Streifen immer wieder mit irrwitzigen Horrorelementen. Die Mischung aus gotischem Grusel und morbiden Humor – Raimis Spezialitäten – funktioniert auch im Universum der Disney-Tochter überraschend gut.

Besonders dem letzten Drittel hat Raimi seinen Stempel aufgedrückt. Wenn der Filmemacher richtig aufdreht, erinnert der Frühlings-Blockbuster an spassigen Horror wie «Armee der Finsternis» oder «Drag me to Hell». Auch der überdrehte Schluss passt perfekt dazu.

Die erste Hälfte hat weniger Grusel. Die Zeit wird genutzt, dem Zuschauer – mit teils zu viel Exposition – das Multiversum näherzubringen. Neben den Horrorelementen sind die vielen Universen der zweite grosse Pluspunkt des Films, auch wenn sich Drehbuchautor Michael Waldron viel mehr hätte austoben können. Doch das spart sich das Studio wohl für weitere Produktionen auf.

«Doctor Strange in the Multiverse of Madness» spielt nicht in der Blockbuster-Oberklasse. Er ist weder bildstark und stimmungsvoll wie «Dune» noch düster und intensiv wie «The Batman». Und viel zu chaotisch. Dennoch ist Raimis Film unterhaltsames, überdurchschnittliches und stellenweise gar berührendes Marvel-Kino – nicht zuletzt dank guter Chemie zwischen den Schauspielern, einer starken Antagonistin und fantasievollem Score von Danny Elfman. Superhelden-Muffel bleiben aber besser daheim.

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