Close (2022)

Wenn die Nähe fehlt, bricht alles zusammen. «Close» erzählt vom Ende einer innigen Freundschaft zweier Buben. Ein intimes und wunderschön inszeniertes, aber ebenso niederschmetterndes Filmerlebnis. Nominiert für den internationalen Oscar.

Léo (Eden Dambrine) und Rémi (Gustav De Waele) sind unzertrennlich. Die Freundschaft der Dreizehnjährigen ist innig: sie nehmen sich in den Arm und schlafen auch mal im gleichen Bett. Doch an der neuen Schule gibt es für diese Nähe Spott. Léo beginnt darauf, sich von seinem besten Freund abzuwenden. Es ist der Beginn einer Abwärtsspirale.

Der junge belgische Filmemacher Lukas Dhont geht mit «Close» ganz nah dran, lässt aber vieles unausgesprochen. Stattdessen sind es kleine Gesten, mit denen er seine Figuren schärft. So entsteht ein facettenreiches Porträt zweier Buben, das aber Spielraum für Interpretationen offen lässt. Wohl auch, weil Léo und Rémi ihre Beziehung auch in eigenen Worten nicht ausformulieren könnten.

Close Léo (Eden Dambrine) und Rémi (Gustav De Waele)
Nah: Léo (Eden Dambrine) und Rémi (Gustav De Waele)

«Close» entwickelt sich äusserst organisch, bis der Film in der Mitte hart in zwei Teile bricht. Dhont verschiebt dann seinen inhaltlichen Fokus und verliert dabei etwas Subtilität. Das mag inhaltlich sinnvoll sein, lässt den Zuschauer aber aus dem Rhythmus geraten.

Gefangen in Rollenbildern

Interessant sind auch die Fragen, die die Geschichte aufwirft. Filmemacher Dhont beschäftigt sich, wie bei seinem Spielfilmdebüt «Girl» über ein Transmädchen, erneut mit gesellschaftlich etablierten Rollenbildern. Und zeigt dabei präzise auf, was diese Grenzen mit Kindern machen können. Ist eine freie Entwicklung Wunschdenken? Im Fall von Léo und Rémi gewiss.

Das Werk des Belgiers ist unbeschönigt herzzerbrechend. Auf eine starke Emotionalisierung verzichtet Dhont aber. Gut so, denn das würde der Thematik nicht gerecht werden. Auch die weichen, unaufgeregten Bilder passen hervorragend dazu. Nur der schöne, aber schwere Soundtrack hat stellenweise Hang zur Sentimentalität. Darüber lässt sich aber hinwegsehen.

Schön: Trailer zu «Close».

Vor allem, weil «Close» so gut gespielt ist. Eden Dambrine und Gustav De Waele harmonieren perfekt und bringen ihre Figuren glaubwürdig auf die Leinwand. Das ist keine Selbstverständlichkeit, gute Kinderdarsteller sind rar. Doch Filmemacher Dhont hat gleich zwei Jungtalente gefunden. Auch die Nebenrollen überzeugen, heraus sticht insbesondere das subtile Spiel von Émilie Dequenne in der Rolle von Rémis Mutter Sophie.

Im Rennen um den besten fremdsprachigen Film hat das Jugenddrama mit «Im Westen nichts Neues», «EO», «The Quiet Girl», «Argentina, 1985» teils sehr gewichtige Konkurrenz. Gewiss hätten auch Dhont und seine Mitstreiter das Goldmännchen verdient. Nicht nur der Relevanz wegen, denn «Close» ist ein richtig starkes Drama.

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