Cha Cha Real Smooth (2022)

Nur wenige Minuten dauert es, bis «Cha Cha Real Smooth» den Zuschauer mit einer wohligen Wärme umgibt. Was Autorenfilmer und Schauspieler Cooper Raiff abliefert, klingt auf dem Papier zwar unspektakulär. Und doch ist seine feinfühlige Tragikomödie genau das, was die Menschheit diese Tage braucht.

Es geht um Andrew (Raiff). Frisch vom College, weiss er nicht wohin mit seinem Leben. Seine Freundin ist über den Sommer nach Barcelona gereist, doch ihm fehlte das Geld dafür. Also jobbt er bei einer Fast-Food-Kette. Während einer Bar Mitzva lernt der 22-Jährige die depressive Mutter Domino (Dakota Johnson) kennen. Die Chemie zwischen ihnen stimmt umgehend.

«Cha Cha Real Smooth» feierte am Sundance Premiere und wurde darauf von Apple für den eigenen Streamingdienst eingekauft. Mit «Coda» – dem Oscargewinner, der nach dem Sundance-Festival ebenfalls exklusiv auf Apple TV+ landete – hat Raiffs Werk trotz Ähnlichkeiten nur wenig gemeinsam.

Domino (Dakota Johnson) hat es mit ihrer Tochter nicht leicht.

Wo «Coda» schamlos auf die Tränendrüse drückt, hält sich «Cha Cha Real Smooth» angenehm zurück. Und anders als der letztjährige Überraschungserfolg bleibt Raiff Klischees grösstenteils fern. Er nimmt zwar nicht überraschende Abzweigungen wie Hitchcock, dennoch wirkt sein Script frisch.

Der Gegenpol zur Influencer-Kultur

Die grosse Stärke liegt in den Figuren. Der junge Filmemacher präsentiert mehrschichtige, realistische Protagonisten. Raiff schafft dabei ein grosses Kunststück und malt fast ausschliesslich gutherzige und liebenswerte Figuren, ohne dabei in Kitsch zu verfallen. Andrew ist Gegenpol zu Ich-bezogenen Influencern in den sozialen Medien: selbstlos, geduldig und verständnisvoll. Ein Vorbild für alle. In Zeiten von Krieg und Katastrophen, wo Hollywood nur muskulöse Superhelden als Retter präsentiert, ist ein offener College-Abgänger die willkommene Alternative.

Dabei spricht vieles gegen diesen noblen Optimismus. «Cha Cha Real Smooth» behandelt psychische Krankheiten, Einsamkeit und Aussenseitertum – Stoff für schwer verdauliche, düstere Dramen. Raiff macht es anders. Er geht die Themen mit dem nötigen Respekt an, weicht aber nie von seiner positiven, humanistischen Sichtweise ab.

Daneben kann «Cha Cha Real Smooth» auch mit gutem Schauspiel punkten. Raiff dürfte zwar nicht der nächste grosse Charakterdarsteller werden, doch zusammen mit Dakota Johnson entsteht auf der Leinwand perfekte Harmonie.

Oder eben auf dem Fernsehschirm. Da Apple den Film gekauft hat, dürfte er hierzulande wohl nie auf der Grossleinwand zu sehen sein. Das hat auch seinen Vorteil: «Cha Cha Real Smooth» ist dadurch immer da, wenn man ihn braucht.

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