Barbie (2023)

Nach monatelangem Marketing-Wirbel ist «Barbie» endlich in den Kinosälen angekommen. Und ein Besuch lohnt sich. Regisseurin Greta Gerwig hat ein fantasievolles wie urkomisches Werk erschaffen, das trotz grossem Budget den Charme und den Mut eines Indiefilms versprüht. Nur gegen Schluss geht der Geschichte um die weltbekannte Plastikpuppe die Luft etwas aus.

Spielfigur Barbie (Margot Robbie) lebt in ihrer eigenen, perfekten Welt. Hier geben Frauen den Ton an. Sie regieren die pinke Oase und entscheiden über Recht und Unrecht. Puppenmänner wie Ken (Ryan Gosling) sind nur Anhang. Alles ändert sich, wenn Barbie erstmals in die reale Welt eintaucht. Schnell muss sie feststellen, dass Frauen hier nur wenig zu sagen haben.

Die Ausgangslage hat der zweite Trailer bereits verraten. Überraschend ist hingegen die politische Dimension. «Barbie» ist ein durch und durch feministisches Werk. Gerwig, die das Drehbuch mit ihrem Partner Noah Baumbach geschrieben hat, macht aus ihrem Standpunkt kein Geheimnis. Erzwungen wirkt ihr Feminismus aber nie.

Barbie Ryan Gossling Margot Robbie
Das perfekte Paar? Ken (Ryan Gossling) und Barbie (Margot Robbie)

Der Sommer-Blockbuster vereinfacht die Gleichstellungsdebatte zwar, ist aber keineswegs plump. Die Filmemacherin erforscht mit den Plastikfiguren die Rolle der Frau, behandelt sowohl unrealistische Schönheitsideale als auch widersprüchliche und unerreichbare Ansprüche der Gesellschaft. Selbst Barbie-Hersteller Mattel ist (leichter) Kritik ausgesetzt. Trotz Freigabe ab acht Jahren ist «Barbie» keineswegs ein Kinderfilm.

Frauen werden sich verstanden fühlen, Männer hingegen gelegentlich ertappt. In meinem Fall war es Ken, der Barbie unaufgefordert mit einer ausufernden Interpretation von «Der Pate» zutextet. Mansplaining aus dem Lehrbuch. Darüber muss Mann lachen können – und nimmt bestenfalls etwas mit.

Dass Gerwig pointierte Drehbücher schreiben kann, ist spätestens seit dem phänomenalen «Lady Bird» bekannt. Ihr jüngstes Werk kann im direkten Vergleich nicht ganz mithalten. Wenn auch immer kurzweilig und witzig, wirkt die Erzählung im dritten Akt etwas beliebig. Schade. Hier macht sich der Einfluss von Hollywood auf die Indie-Königin bemerkbar. Doch liebevoll gestaltete Kulissen, tolle Tanzeinlagen und wunderschöne Animationen machen dieses Manko wett.

Eine Scheinwelt: Trailer zu «Barbie»

Daneben stechen hauptsächlich die Schauspieler heraus. Insbesondere die beiden Hauptdarsteller glänzen: Gosling und Robbie sind das perfekte Filmpaar. Eben, Barbie und Ken. Beide überzeugen mit komödiantischem Talent und viel Tiefgang. Nicht nur hauchen sie den Plastikfiguren Leben ein, auch bauen sie eine emotionale Bindung zum Publikum auf. Das Schicksal von Barbie war mir in keinem Moment egal.

Gerwig richtet sich mit ihrem Film an ein breites Publikum. Doch auch Cineasten kommen auf ihre Kosten. Wenn die Regisseurin mit viel Ironie Meilensteine wie «2001: Odyssee im Weltraum» und «Der Zauberer von Oz» zitiert, müssen selbst verbissene Zyniker zugeben, dass hier eine Expertin am Werk ist.

Es kommt also nicht von ungefähr, spricht derzeit die ganze Welt von «Barbie». Gerwig beweist damit, dass sie auch Mainstream-Kino perfekt beherrscht. Ein Höhepunkt dieses Sommers – ob man Barbie-Puppen mag oder nicht.

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