Avatar: The Way of Water (2022)

Wer sich dreizehn Jahre Zeit nimmt für eine Fortsetzung, schürt hohe Erwartungen. Und ja, Filmemacher James Cameron hat mit «Avatar: The Way of Water» erneut ein audiovisuelles Spektakel abgeliefert. Kino war dieses Jahr noch nie so atemberaubend. Abseits der blauen Oberfläche leistet sich der Blockbuster aber ein paar Schnitzer.

Wir treffen auf Altbekannte. Der Avatar Jake Sully (Sam Worthington) und Ureinwohnerin Neytiri (Zoe Saldana) führen ein schönes, naturverbundenes Leben mit ihren Kindern auf dem Mond Pandora. Doch das Familienglück hält nicht lange. Der totgeglaubte Colonel Miles Quaritch (Stephen Lang) kehrt auf den blauen Planeten zurück und will Rache. Sully und seine Familie müssen fliehen, um ihren Stamm zu schützen.

Es gibt vieles, das den neuen «Avatar» von typischen Blockbustern abhebt. Offensichtlich sind die fantastischen Aufnahmen. Was Cameron und sein Team abliefern, ist nicht weniger als ein Meilenstein der modernen Filmgeschichte. Ob Details, Belichtung oder Kontraste: die Computerbilder grenzen an Perfektion. Jede kleinste Bewegung, ob ein Lidschlag eines Wals oder das Plätschern des Wassers, scheint real. So fotorealistische Bilder gibt es sonst nur im Dokumentarfilm.

Wow.

Cameron hat es immer verstanden, wahre Emotionen in epochale Spektakel zu verpacken. Das gelingt ihm auch hier. Die sympathischen Hauptfiguren und ihre atemberaubende Umwelt wachsen dem Zuschauer schnell ans Herz. «Avatar: The Way of Water» rührt zu Tränen und provoziert ehrliche Lacher. Leicht sentimentales, aber aufrichtiges Blockbuster-Kino für die Seele.

Für mehr Umweltschutz

Der Film streift eine ganze Bandbreite von sozialen Themen. Neben Kolonialismus und Ausbeutung der Natur spricht der zweite «Avatar» auch den Umgang mit Flüchtenden an. Cameron scheut sich dabei nicht, einen klaren Standpunkt zu beziehen. Im Gegenteil: «Avatar: The Way of Water» ist ein 350-Millionen-Dollar-Appell zum Schutz der Meere. In Zeiten massentauglicher, profilloser Superheldenfilme ein mutiger Entschluss, auch wenn Cameron seine Themen nur oberflächlich behandelt. Für einen Gedankenanstoss reicht es allemal.

Der Film hat mehr Licht als Schatten, doch die Probleme lassen sich nicht schönreden. Grösster Schwachpunkt ist die Story. Cameron und seine vier Co-Autoren haben es nicht geschafft, eine stringente Geschichte zu erzählen. Der Einstieg ist ruppig, das selbstreferenzielle Finale nach Schema F und dazwischen reissen Perspektivenwechsel den Zuschauer immer wieder aus dem Geschehen.

Schön: Trailer zu «Avatar: The Way of Water»

Trotz 193 Minuten Spielzeit schafft es «Avatar: The Way of Water» nicht, seinen vielen Figuren gerecht zu werden. Verglichen mit dem ersten Teil sind die Protagonisten zwar weniger eindimensional, doch gerade Antagonist Quaritch und seine Mitstreiter wirken blass. Gleiches gilt für viele der Neuzugänge.

Die bisherigen Filmhelden Jake und Neytiri sind in den Hintergrund gerückt, dafür stehen ihre Kinder im Fokus. Die Familie als Herz des Films passt, auch wenn die Autoren viele Stereotypen bedienen.

James Cameron hat mit «Aliens» und «Terminator 2» zwei der besten und erfolgreichsten Kino-Fortsetzungen aller Zeiten gedreht. «Avatar: The Way of Water» kann sich hier nicht einreihen, dafür ist die Geschichte zu schwach. Wer spektakuläre Bilder und epochale Filmscores mag, kann dennoch ohne Zögern ins Kino gehen. In diesem Fall lohnt sich sogar der Aufpreis für die 3D-Vorstellung.

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